Stell dir den romantischsten Moment deines Lebens vor. Vielleicht haben die herumflatternden Schmetterlinge in deinem Bauch einen wahren Wirbelsturm verursacht. Vielleicht war dir schwindelig und in deinem Kopf hat sich alles gedreht. Vielleicht hat deine Haut gebrannt und du hast das Knistern in der Luft regelrecht spüren können.

Dann streicht dir dein Gegenüber sanft über die Wange, schaut dir tief in die Augen und flüstert an dein Ohr:

„Meine psychophysische Konstitution manifestiert eine absolute Dominanz positiver Effekte gegenüber der Individualität deiner Person!“

Ähm … ja … also … die Romantik ist futsch!

Viel schöner klingt das Gesäuselte einfach gesagt: „Ich liebe dich!“ – und damit wäre der Abend vermutlich etwas anders verlaufen.

Warum einfach schreiben?

Denkst du, es klingt ehrlicher oder überzeugender, wenn du es kompliziert sagst? Wohl kaum.

Und trotzdem haben wir das Gefühl durch hochtrabende Formulierungen irgendwie gebildeter und überzeugender zu wirken.

Dinge auf ihren Kern runter zu brechen und keine ellenlangen, umständlichen Erklärungen hinterher zu schieben, ist ziemlich schwierig. Keine Frage.

Doch genau darum geht’s.

Auch hier sind Kinder wieder ein super Beispiel. Sie stellen unendlich viele Fragen, um die Welt zu verstehen. Sie wollen Antworten. Sie sind neugierig und wollen lernen. Doch gleichzeitig spiegeln sie es dir so ehrlich, wenn du ihnen viel zu kompliziert auf ihre Frage antwortest. Sie hören dir einfach nicht mehr zu und wenden sich im schlimmsten Fall sogar von dir ab.

Erwachsene tun das eher selten, was teils nur der Höflichkeit geschuldet ist. Gedanklich schweifen sich auch ab, wenn du Dinge versuchst hochtrabend und damit viel zu kompliziert zu sagen. Die wenigsten geben ehrlich zu, dass sie kein Wort verstanden haben.

Wie Alexander Christiani sagt: „Unser Gehirn hasst Verwirrung und liebt Klarheit.“ Warum verwirren wir es dann so gerne? Warum schreiben wir nicht klar und einfach?

Wie lässt sich das aufs Business übertragen?

Auch in der Businesswelt herrscht vielerorts noch immer der Glaube, dass sich Kompetenz unter anderem durch fürchterlich komplizierte Texte beweisen lässt. Ich hab‘ keine Ahnung, wo dieser Irrglaube herkommt und warum er sich so wacker hält.

Die Formel scheint allerdings zu lauten: je komplizierter der Text, desto kompetenter der Mensch.

Doch das ist absoluter Quatsch.

Vielmehr liegt der Schlüssel darin, einfach zu schreiben. Nur wenn dich deine (potentiellen) Kunden verstehen, sind sie in der Lage zu erkennen, dass du ein echter Profi auf deinem Gebiet bist – und sie hören dir zu.

Wörter und Zusammenhänge, die dir absolut klar sind, sagen deinen Lesern vielleicht gar nichts. Bei einem Wort mag das noch überlesen werden. Bei zwei oder drei nehmen die Leser es wahr und tolerieren es möglicherweise. Aber wenn mehr als vier Wörter für Verwirrung sorgen, schaltet der Kopf ab und der Leser ist weg. Auch wenn dein Thema für ihn super interessant gewesen wäre.

Und falls du jetzt denkst, dass deine Zielgruppe all diese Begriffe und Zusammenhänge kennt … Vielleicht ist das so. Meist ist es aber nur eine Ausrede, um es dir selbst leichter zu machen.

Natürlich sollst du für deine Zielgruppe schreiben. Aber auch sie wird dir dankbar sein, wenn du einfach und verständlich schreibst. Außerdem öffnest du dich dadurch auch für andere Interessierte, die du auf den ersten Blick gar nicht zu deiner Zielgruppe gezählt hättest.

Jetzt bist du dran

Die große Frage ist, wie du erkennen kannst, dass du nicht einfach, sondern eben kompliziert schreibst. Dir sind die Begriffe geläufig und auch die Abläufe kennst du aus dem FF. Außerdem ergibt in deinem Kopf alles Sinn.

Um zu begreifen, was einen Text kompliziert macht, musst du erstmal ganz bewusst einen solchen schreiben.

Schreibe bewusst kompliziert

Vermutlich wirst du dir wie die meisten Menschen irgendwann am Tag einmal die Zähne putzen. Ein alltäglicher, simpler Vorgang, den du im Schlaf beherrschst.

Wenn ein Außerirdischer die Erde besucht und dich fragt „Zähne putzen? Wie geht das?“ würdest du es ihm ganz leicht erklären können.

Jetzt stell dir vor, dass dieser Außerirdische mit seiner Brille auf der Nase, seinen eleganten Bewegungen und seiner wortgewandten Sprache extrem gebildet wirkt. Direkt überkommt dich das Gefühl, ihm beweisen zu wollen, dass du auch gebildet bist.

Beschreibe ihm das simple Zähne putzen so kompliziert, wie es dir nur möglich ist.

  • Nutze viele Fremdwörter und Fachbegriffe.
  • Schreibe lange verschachtelte Sätze.
  • Baue zahlreiche Adjektive ein.
  • Schweife ab, um auf spannende Nebensächlichkeiten hinzuweisen.

Wenn du fertig mit deinem Text bist, schau ihn dir noch mal an. Ist er wirklich kompliziert oder kannst du noch eins obendrauf setzen.

Nur zu, du darfst aus dem Vollen schöpfen!

Erkläre es einem 8-jährigen Kind

Jetzt hast du ganz bewusst extrem kompliziert geschrieben. Wie hat sich das für dich angefühlt?

Nun geh ins andere Extrem. Such dir einen deiner Businesstexte aus.

Wie würdest du das Kernthema dieses Textes einem 8-jährigen Kind erklären?

Du wirst schnell merken, welche Wörter du etwas genauer erklären musst, an welcher Stelle du etwas umformulieren solltest und wo du deine Aussage mit kraftvollen Bildern verdeutlichen kannst.

Schreib am Ende nicht wirklich für ein Kind, denn deine Texte richten sich an Erwachsene. Aber schau dir diesen neuen Text einmal genauer an. Welche Formulierungen kannst du in deinem eigentlichen Text übernehmen? Welche Passagen kannst du etwas überarbeitet einbinden?

Du wirst sehen: Dein Text verliert nicht an Kompetenz, nur weil er einfacher geschrieben ist. Im Gegenteil. Weil du dein Thema in einfachen Worten erklären kannst und dich nicht hinter unendlich vielen Fachbegriffen versteckst, können andere deine Expertise erkennen.

Schreibe deine Texte einfacher

Wenn du einen Text geschrieben hast, nimm ihn noch mal genau unter die Lupe:

  • Lies dir deinen Text als erstes einmal langsam und vor allem laut (!) vor. Je nachdem kannst du ihn sogar aufnehmen und anschließend noch mal abspielen.
    Es ist wirklich erstaunlich, wie anders der Text auf dich wirkt, wenn du ihn nicht selbst liest, sondern nur zuhörst.
  • Überlege, was der Kern dieses Textes ist – denk an das 8-jährige Kind.
    Welche Information soll transportiert werden? Kannst du in 2 bis 3 (kurzen) Sätzen zusammenfassen, was du sagen möchtest?
    Vielleicht fällt es dir noch schwer das Hauptthema so extrem auf den Punkt zu bringen. Falls das so ist, schreibe einfach erstmal mehr Sätze. Dann kürze diese Zusammenfassung. Falls sie immer noch zu lang ist, kürze erneut – und das so lange, bis du auf 2 bis 3 (kurze) Sätze kommst.
  • Schau dir noch mal deinen ursprünglichen Text an: Welche Wörter hast du in deiner Zusammenfassung nicht verwendet? Konzentriere dich hier auf Wörter (Fachbegriffe), die du in deinem Alltag außerhalb deines Business eher nicht verwendest.
    Brauchst du sie zum Verständnis? Oder kannst du allgemeinere Wörter dafür finden? Vielleicht findest du für einige davon auch bildhafte Beispiele, die alles etwas anschaulicher beschreiben.
    Aber keine Sorge. Du sollst nicht alle Fachwörter streichen. Deine Zielgruppe soll nach dem Lesen deines Textes wenigstens ein bisschen mehr wissen, als vorher – und dazu gehören eben auch Fachbegriffe.

Diese drei Punkte helfen dir dabei, um dein Schreiben zu vereinfachen und deine Texte leicht verständlich zu machen.

Letztlich geht es darum, die Inhalte auf das Wesentliche zu reduzieren. Du solltest alles weglassen, was für das Ziel deines Textes nicht wirklich wichtig ist. Es gibt einen Unterschied darin, ob etwas generell spannend oder gerade relevant ist. Relevante Dinge lässt du drin, spannendes verschiebst du in einen anderen Text.

Achte beim Vereinfachen auf folgende Punkte:

  • Beschränke dich auf eine Aussage pro Satz.
  • Schreibe kurze Sätze (aber variiere die Satzmelodie).
  • Nutze aktive und positive Formulierungen.
  • Vermeide den Konjunktiv.

Nach und nach wirst du ein immer besseres Gefühl dafür bekommen, was es bedeutet „einfach zu schreiben“.

Schreib‘ mir in die Kommentare, welche komplizierten Wörter du aus deinem Text verbannt hast.